Äthiopien, Sudan und Ägypten unterzeichneten am Montag eine Absichtserklärung zum Umgang mit dem umstrittenen Bau eines Mega-Staudamms im Norden Äthiopiens. Ägyptens Staatspräsident Abdel Fattah Al-Sisi, Sudans Staatschef Omar Al-Bashir und Äthiopiens Premierminister Hailemariam Desalegn trafen sich in der sudanesischen Hauptstadt Khartoum und signierten eine als vorläufig geltende Prinzipienerklärung. Die Verhandlungen der drei Staaten über Regelungen zur Aufteilung des Nil-Wassers sowie einvernehmliche Bestimmungen zur Beschaffenheit der kommenden Bauphase des Großen Äthiopischen Renaissance Damms werden derweil fortgesetzt (erschienen in Junge Welt am 30.3.2015).
Der Bau des Renaissance-Staudamms werde den drei Staaten und dem ägyptischen Volk keinerlei Schaden zufügen, betonte Äthiopiens Regierungschef Desalegn in Khartoum. Al-Sisi sagte, bei dem Vertrag handele es sich um eine Rahmenvereinbarung, ein abschließendes Abkommen werde folgen. Er bekräftigte der Staudamm werde Äthiopien mit sauberer Energie versorgen, während der Nil die einzige Wasserquelle Ägyptens sei und das Land zwingend auf dessen Nutzung angewiesen sei. Er fügte hinzu man habe sich für die Strategie der Kooperation entschieden und wolle einander vertrauen. Die Erklärung sei ein Schritt in die richtige Richtung. Im Abkommen verpflichten sich die drei Staaten auf eine faire Aufteilung des Wassers, einen Informationsaustausch sowie eine den Damm betreffende konsensorientierte Kooperation.
Der Beginn der ersten Bauphase des Mega-Projektes im Jahr 2011 hatte für massive Verstimmung zwischen den drei Ländern gesorgt und gipfelte in einer grotesken innenpolitischen Debatte in Ägypten im Juni 2013. Neben Teilen der Opposition drohte auch der damals noch regierende Staatspräsident Ägyptens Mohamed Mursi Äthiopien offen mit Krieg und der Bombardierung des Staudamms, sollte Äthiopien nicht unverzüglich die Bauarbeiten einstellen. Kairo befürchtete, die Aufstauung des hinter dem Damm vorgesehenen Stausees würde Ägyptens Wasserversorgung gefährden, schließlich bezieht das Land rund 95 Prozent seines Wassers aus dem Nil. Der Nil entspringt in zwei Quellen. Neben der zentralafrikanischen Quelle, die rund 15 Prozent der Wassermenge des Flusses ausmacht, trägt der im Norden Äthiopien entspringende Blaue Nil rund 85 Prozent zur Wassermenge des Stroms bei und ist für Ägyptens Wasserversorgung unverzichtbar. Ägypten befürchtete, dass Addis Abeba Wasser zur landwirtschaftlichen Erschließung der unterentwickelten Region in Nord-Äthiopien aus dem See abzapfen könnte. Damit wäre Ägyptens Wasserversorgung akut bedroht.
Äthiopien beteuerte schon damals, der Staudamm sei Teil eines groß angelegten Infrastrukturprojektes mit einem Gesamtvolumen von zwölf Milliarden US-Dollar, das Äthiopiens wirtschaftlichen Aufstieg fördern soll. Die Regierung betonte, der Zweck des Damms sei die Energieproduktion, man plane keineswegs Wasser zur landwirtschaftlichen Nutzung abzuzweigen und Ägypten die Wasserzufuhr abzudrehen. Äthiopiens wolle vielmehr Teile des erzeugten Stroms exportieren, davon könne auch Ägypten profitieren, schließlich leide das Land an einer existentiellen Energiekrise. Bis 2017 sollen Bau der Talsperre und Füllung des Stausees abgeschlossen sein. Die Kosten für den Damm sollen bei rund vier Milliarden US-Dollar liegen. Das Projekt soll bei seiner Fertigstellung 6000 Megawatt Strom produzieren und wäre damit der größte Staudamm Afrikas.
Während die politische Entspannung zwischen den drei Ländern in Zusammenhang mit dem Staudammbau begrüßenswert ist, bleiben andere Fragen zur Nutzung des Nil-Wassers unbeantwortet. Sudan und Ägypten beharren in den seit Jahren andauernden Verhandlungen mit Äthiopien konsequent auf Verträgen aus den 1920er und 50er Jahren, die Sudan und Ägypten fast 90 Prozent der Wassermenge des Stroms zusprechen, während die verbleibenden acht Nil-Anrainerstaaten außen vor bleiben. Auch die ökologischen Folgen des Projektes werden weiterhin konsequent ignoriert, dabei droht der Damm das ökologische Gleichgewicht in der gesamten Region zu zerstören.
© Sofian Philip Naceur 2015