Anschlag auf Kirche in Kairo

Bei einem Bombenanschlag auf eine Kirche in der ägyptischen Hauptstadt Kairo sind am Sonntag insgesamt 25 Menschen getötet und mindestens 49 verletzt worden. Der Sprengsatz detonierte am frühen Morgen am Ende einer Messe nahe der für Frauen bestimmten Eingangstür der gut gefüllten Kapelle im zentralen Kairoer Stadtviertel Abbasseya und riss 18 Frauen und zwei Kinder mit in den Tod. Damit ist der Anschlag der schwerste gezielte Angriff auf die christlich-orthodoxe koptische Minderheit im Land seit Jahren (erschienen in junge Welt am 13.12.2016).

Die Fenster der Kirche der Heiligen Peter und Paul waren selbst im Dachgeschoss zersplittert, die Eingangstür herausgerissen, die Betonpfeiler im Inneren der Kirche rußgeschwärzt und Scherben im Umkreis von 20 Metern verteilt. Blutspuren und Kleiderreste fanden sich auch Stunden nach dem Anschlag noch im Gebäude und dem davor gelegenen Innenhof der Kirche, die unmittelbar neben der Markuskathedrale, dem größten und wichtigsten Gotteshaus der ägyptischen Kopten und dem eigentlich abgesicherten Amtssitz des koptischen Papstes Tawadros II, gelegen ist.

Über die Urheberschaft des Anschlags herrscht derweil weiter Ungewissheit. Zwar werden radikale Islamisten hinter der Attacke vermutet, doch bisher bekannte sich niemand zu dem Angriff. Der ägyptische Präsident Abdel Fattah Al-Sisi erklärte am Montag in Kairo, der Anschlag sei von einem 22jährigen Mann ausgeführt worden. Außerdem seien vier andere Verdächtige, darunter eine Frau, festgenommen worden; nach zwei Personen werde noch gefahndet. Ägyptische Staatsmedien berichteten von einer mit 12 Kilogramm des Sprengstoffs TNT gefüllten Bombe, die angeblich ins Innere der Kapelle geworfen wurde.

Hunderte aufgebrachte Menschen versammelten sich kurz nach dem Bombenattentat vor der Kirche und protestierten gegen diesen jüngsten Akt sektiererischer Gewalt im Land. In lauten Sprechchören kritisierten Demonstranten die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen an der Kirche und forderten den Rücktritt von Ägyptens Innenminister Magdy Abdel Ghaffar, der den Anschlagsort ebenso wie Regierungschef Sherif Ismail am Sonntagnachmittag besuchte. In der Tat fanden sich am Eingang zur Kirche keine Durchleuchtungsgeräte, die in Ägypten sowohl in staatlichen Einrichtungen, aber auch Hotels und Gotteshäusern die Regel sind. Der nahe gelegene Eingang zum Grundstück der Markuskathedrale gilt jedoch als besser gesichert, das Sicherheitspersonal erlaubte in der Vergangenheit den Zutritt nur nach einer laxen, aber immerhin stattgefunden Kontrolle von Taschen.

Ein Großaufgebot der Polizei hatte die Zufahrtsstraßen zum Anschlagsort abgesperrt und zeigte sich bis in den Abend hinein weitgehend zurückhaltend – trotz stundenlang andauernder Spontanproteste, die die Regierung offen kritisierten. Ägyptens Staatspräsident Abdel Fattah Al-Sisi verurteilte das Attentat aufs Schärfste und rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Die koptische Minderheit im Land zählt zu seinen wichtigsten Unterstützern, verbündete sich Al-Sisi doch schon 2013 öffentlichkeitswirksam mit dem koptischen Klerus nachdem sein Regime den Expräsidenten des Landes, Mohamed Mursi, gewaltsam gestürzt hatte.

Al-Sisi verfolgt dennoch eine betont konservative moralpolitische Linie und musste sich immer wieder vorwerfen lassen, nicht rigide genug gegen sektiererische Gewalt im Land vorgegangen zu sein. Zuletzt hatte es in Oberägypten wieder vermehrt gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen gegeben. Seit dem Anschlag auf eine Kirche in Alexandria am Neujahrstag 2011, bei dem mindestens 21 Menschen getötet wurden, sowie dutzenden Angriffen auf Kirchen und koptische Geschäfte kurz nach Mursis Absetzung hatte es jedoch keinen derart blutigen Angriff auf Ägyptens Kopten gegeben.

Derweil ist der Anschlag bereits der dritte in nur einer Woche. Am Freitag tötete eine Bombe sechs Polizisten in Kairos Schwesterstadt Gizeh an einem Polizeicheckpoint und verletzte drei weitere. Ein zweiter Anschlag ereignete sich in der Küstenprovinz Kafr Al-Scheikh, tötete einen Zivilisten und verletzte drei Polizisten. Beide Anschläge galten dem ägyptischen Sicherheitsapparat.

© Sofian Philip Naceur 2016

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