Neue Propagandabühne für Al-Sisi

Ägypten ließ sich am Donnerstag für die kommenden zwei Jahre für einen der zehn nichtständigen Sitze in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) wählen. Wenig überraschend, schließlich trat das Land für den Sitz in dem Gremium ohne Gegenkandidatur an. Ägypten im UN-Sicherheitsrat? Dies ist nicht die erste und wird nicht die letzte schlechte Wahl für einen derart einflussreichen Posten in der UN sein, doch zeigt sie wie unfähig die Organisation geworden ist ihre Mitglieder auf Linie der UN-Menschenrechtscharta und anderer international bindender Verträge zu trimmen. Denn Ägypten schert sich wenig um deren Inhalte.

Systematische Menschenrechtsverletzungen sind weiterhin an der Tagesordnung am Nil. Die Bekenntnisse der ägyptischen Führung zu Presse- und Meinungsfreiheit sind allenfalls Makulatur. Im Land herrscht auch 27 Monate nach dem gewaltsamen Sturz von Expräsident Mohamed Mursi ein Klima der Einschüchterung, der Denunziation Andersdenkender, der Angst. Politisch motivierte Staatsgewalt gehört weiter zum Alltag. Zwar bekommt das Land erstmals seit 2012 in Kürze wieder ein gewähltes Parlament, doch auch dies wird die Monopolisierung politischer Macht durch Armee und Staatschef Abdel Fattah Al-Sisi nicht aufhalten.

Nach der Wahl in den Sicherheitsrat erklärte der Sprecher des ägyptischen Außenministeriums, Ahmed Abu Zeid, sein Land werde sich „energisch“ für die Interessen afrikanischer und arabischer Staaten einsetzen. Gewiss, das wird es. Aber wird es sich auch bemühen, Frieden und Sicherheit in der Welt zu unterstützen und die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen zu wahren, so wie es Abu Zeid darlegte? Wohl kaum. Kairos Beteiligung an der von Saudi-Arabien forcierten Militärintervention im Bürgerkriegsland Jemen sowie das aktive militärische Eingreifen in den Krieg im Nachbarland Libyen spricht eine andere Sprache. Auch das erbarmungslose Vorgehen gegen die islamistische Muslimbruderschaft und die mit ihr verbündeten Kräfte im Land ist nicht grade hilfreich dabei, Ägypten langfristig zu stabilisieren. Ganz im Gegenteil. Präsident Al-Sisi führt das Land zurück in eine Militärdiktatur autokratischer Prägung. Ägyptens Terrorproblem, das eine Annäherung Kairos an den Westen vor dem Hintergrund der geopolitischen Bedeutung des Suezkanals und seiner gemeinsamen Grenze zu Israel, überhaupt erst möglich gemacht hat, hat sich schließlich erst seit Al-Sisis Machtübernahme signifikant verstärkt. Extremismus und Gewaltbereitschaft von Teilen der islamistischen Opposition sind hausgemacht und konnten sich dank Al-Sisis Eskalationsstrategie derart schnell ausbreiten. Al-Sisi ist kein Bollwerk gegen den Terror, nein, seine Politik verstärkt die Terrorbedrohung in der Region.

Doch viel wichtiger ist in diesem Zusammenhang die Motivation Ägyptens sich erneut als Führungsmacht in der arabischen Welt zu gebären. Hier geht es nicht nur darum, den im Land ausgeprägten Nationalstolz zu bedienen und damit in Ägypten selbst Öffentlichkeitsarbeit für die herrschende Klasse zu betreiben. Kairos Regenten wollen die UN als Propagandabühne nutzen, genauso wie es Al-Sisi und seine Entourage im Zuge ihres Staatsbesuchs in Berlin im Sommer 2015 vorgemacht haben. Ägypten will seinen internationale Ruf restaurieren. Partner des Westens im Anti-Terror-Kampf, eigene Truppen im Jemen und jetzt ein Sitz im UN-Sicherheitsrat. Ägypten will wieder eine Rolle auf dem internationalen Parkett spielen und die UN lässt sich dafür derzeit ungehindert einspannen und instrumentalisieren.

© Sofian Philip Naceur 2015

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