Spurlos verschwunden

Die zwei bereits im Dezember in Ägypten verschwundenen Deutschen, die beide offenbar auch die ägyptische Staatsbürgerschaft besitzen, befinden sich in Gewahrsam der ägyptischen Behörden. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel und die ägyptische Internetzeitung Mada Masr berichteten bereits am Mittwoch mit Verweis auf Angaben des Auswärtigen Amtes und den Vater des am 27. Dezember an der Passkontrolle des Kairoer Flughafens verschwundenen 23jährigen Mahmoud Abel Aziz, dass dieser in Ägypten festgehalten werde. Er solle aus der Haft entlassen und nach Deutschland abgeschoben werden, wenn er seine ägyptische Staatsbürgerschaft ablege, hatte die deutsche Botschaft in Kairo Abdel Aziz‘ Familie mitgeteilt, so Mada Masr (erschienen in junge Welt am 11.1.2019).

Abdel Aziz, der im saudischen Medina Islamwissenschaften studiert, war zusammen mit seinem Bruder nach Ägypten eingereist, um die Großeltern in Kairo zu besuchen, wurde jedoch an der Passkontrolle von ägyptischen Grenzbeamten aufgehalten. Während sein Bruder problemlos ins Land einreisen konnte, wurde Abdel Aziz offenbar noch am Flughafen vom Staatssicherheitsdienst, Ägyptens gefürchtetem Inlandsgeheimdienst, aus bisher ungeklärten Gründen verhaftet.

Auch der bereits am 17. Dezember in Luxor verschwundene Isa El-Sabbagh ist am Leben und wurde offenbar verhaftet. Der 18jährige Schüler, der in Gießen sein Abitur macht und ebenfalls seine Großeltern in Kairo besuchen wollte, war mittags am Flughafen der Touristenhochburg Luxor im Süden Ägyptens angekommen und wollte noch am selben Abend nach Kairo weiterfliegen. Doch dort kam er nie an. Isas Vater Mohamed El-Sabbagh bestätigt gegenüber jW, dass er erst gestern von der deutschen Botschaft in Kairo darüber informiert wurde, dass sein Sohn in Haft sitze.

Seit dessen Verschwinden vor über drei Wochen ist dies das erste konkrete Lebenszeichen von Isa. Stichhaltige Anhaltspunkte warum er verhaftet worden sein könnte hat die Familie dabei nicht. Sie glaubt aber, es könne sich um eine Namensverwechselung handeln. Diese passieren in Ägypten in der Tat immer wieder und hatten in den letzten Jahren wiederholt dazu geführt, dass Menschen fälschlicherweise verhaftet wurden. Auch die ungewöhnliche Reiseroute sei möglicherweise der Grund gewesen, so El-Sabbagh. „Vielleicht haben die Beamten nicht verstanden warum mein Sohn nach Luxor geflogen ist und nicht direkt nach Kairo, denn unsere Familie kommt aus Kairo“, erzählt er. Grund für diese Route sei dabei schlichtweg der Preis gewesen. „In der Weihnachtszeit kostet ein Flug nach Kairo 700 Euro, der Flug nach Luxor aber weniger als 200 Euro“, so El-Sabbagh.

Während sich die ägyptischen Behörden bisher in Schweigen hüllen, schließt El-Sabbagh einen politischen Hintergrund kategorisch aus. Isa habe mit Politik nichts zu tun. „Er ist jung, in dem Alter beschäftigt man sich nicht mit Politik. Er hat sich für Fußball interessiert.“

Das Verschwindenlassen von Verdächtigen gehört unterdessen zum Standardrepertoire des Regimes von Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi. Polizei- und Geheimdienstbehörden lassen dabei nicht nur gezielt Oppositionelle, Journalisten und Menschenrechtler verschleppen, sondern auch immer wieder Menschen, die sich weder politisch geäußert noch anderweitig aufgefallen sind. Ein noch so geringer Anfangsverdacht reicht in Ägypten aus, um inhaftiert zu werden. Seit Al-Sisis faktischer Machtübernahme 2013 wurden auf diese Weise tausende Menschen verschleppt. Die meisten davon tauchten jedoch nach einigen Tagen oder Wochen in Polizeistationen, Gefängnissen oder bei Gerichtsprozessen wieder auf. Seit 2015 seien zudem mindestens zwölf Minderjährige auf diese Art und Weise verschwunden, berichtete die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erst im Dezember. Für die Bundesregierung ist der Fall der beiden verschwundenen Deutschen derweil pikant, bildet die Bundespolizei doch im Zuge ihrer umstrittenen Migrationskooperation mit Ägypten auch die ägyptische Grenzpolizei aus – und zwar auch am Flughafen in Kairo.

© Sofian Philip Naceur 2019

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