Gemeinsam abschotten – Deutsch-ägyptische Migrationskooperation wird ausgebaut

Die Bundesregierung intensiviert ihre bilaterale »migrationspolitische Kooperation« mit Ägypten. Damit baut sie das nordafrikanische Land weiter als Vorposten des Grenzabschottungsregimes der Europäischen Union im Mittelmeerraum auf. Das geht aus der am 27. August 2017 in Berlin unterzeichneten und bisher unveröffentlichten Vereinbarung zwischen den beiden Ländern zur Umsetzung des ägyptisch-deutschen Migrationsdialogs hervor sowie der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage des Bundestagsabgeordneten der Fraktion Die Linke, Andrej Hunko. Beide Dokumente liegen junge Welt exklusiv vor (erschienen in junge Welt am 5.5.2018).

Während der Rahmen der bilateralen »migrationspolitischen Kooperation« zwischen der Bundesregierung und dem autoritären Militärregime unter Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi bereits bekannt ist, finden sich in beiden Dokumenten neue Details zu der Zusammenarbeit.

Dazu zählt vor allem die erneute Ausweitung der polizeilichen Ausbildungs- und Ausstattungshilfen der Bundesregierung für Ägyptens Sicherheitsapparat. Berlin führe aktuell »Abstimmungen mit der ägyptischen Seite zum Fähigkeitsaufbau der ägyptischen Grenzpolizei« durch, »die mittels erhöhter polizeilicher Aufbauhilfe in ihren strategischen, operativen und rechtsstaatlichen Kompetenzen gestärkt werden soll«, erklärt das Auswärtige Amt in dem Antwortschreiben. Bereits 2017 wurden Ägyptens Grenzpolizei im Rahmen der bundespolizeilichen Ausstattungshilfe 25 Mikroskope und 25 mobile Passlesegeräte übergeben, bestätigt Berlin.

Unterdessen sind zusätzliche Ausstattungshilfen geplant. Hierfür habe die Bundesregierung ein Budget von sieben Millionen Euro zugesagt, dem der Bundestag allerdings noch zustimmen müsse. Eine Bedarfsliste an technischer Ausstattung sei von Ägypten bereits vorgelegt worden. Deren Prüfung dauere an, heißt es.

Vor allem die Polizeikooperation mit Ägypten wurde von den Parteien Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen immer wieder kritisiert. Denn das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei arbeiten nicht nur mit Ägyptens Innenministerium und dem Auslandsnachrichtendienst »General Intelligence Service« zusammen, sondern auch mit dem Staatssicherheitsdienst, der politischen Polizei des Kairoer Regimes. Ägyptische und internationale Menschenrechtsgruppen werfen ihr systematische Folter vor.

Die bilaterale »migrationspolitische Kooperation« der Bundesregierung setzt jedoch auch auf Maßnahmen in den Bereichen Wirtschaftsförderung, Schaffung von Arbeitsplätzen für Ägypter und im Land lebende Geflüchtete.

Zudem will Berlin in Ägypten ein Migrationsberatungszentrum, das Deutsch-Ägyptische Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration aufbauen. Es soll Vermittlungs- und Beratungsleistungen für »Personen in Ägypten mit Migrationswunsch, Rückkehrerinnen und Rückkehrer aus Deutschland und aus Drittländern sowie Personen auf der Jobsuche« anbieten. Die Bundesregierung sagte zusätzlich 3,5 Millionen Euro für städtische Infrastrukturmaßnahmen in Aufnahmegemeinden von Geflüchteten in Ägypten zu und will zudem eine Aufklärungskampagne der ägyptischen Regierung über die Gefahren der illegalen Ausreise mit 250.000 Euro fördern.

»Es ist sinnvoll, dass die Bundesregierung besonders von Migration betroffene Länder unterstützt. Der deutsch-ägyptische ›Migrationsdialog‹ zeigt jedoch eine deutliche Schieflage, denn es geht vor allem darum, möglichst viele Menschen von der Überfahrt in die reicheren Länder der Europäischen Union abzuhalten. Ägypten wird vor allem dabei geholfen, seine Grenzen zu sichern und aus Deutschland Abgeschobene zurückzunehmen«, erklärte Hunko zur Antwort des Auswärtigen Amtes.

© Sofian Philip Naceur 2018

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.