Ägypten: Al Jazeera-Journalisten verurteilt

Ein Gericht in Ägyptens Hauptstadt Kairo hat am Samstag die erstinstanzliche Verurteilung mehrerer Mitarbeiter des TV-Senders Al Jazeera bestätigt und erneut Haftstrafen gegen sie verhängt. Neben den Hauptangeklagten Mohamed Fahmy, Baher Mohamed und Peter Greste wurden vier weitere Journalisten zu je drei Jahren Haft verurteilt, zwei Beschuldigte wurden freigesprochen. Baher Mohamed wurden aufgrund angeblichen Waffenbesitzes zusätzliche sechs Monaten Haft und eine Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 570 Euro aufgebrummt. Den Angeklagten wird vorgeworfen Falschnachrichten verbreitet und die im Land verbotene und als Terrorvereinigung eingestufte Muslimbruderschaft unterstützt zu haben. Der Richter Hassan Farid erklärte, das Gericht erkenne die Hauptangeklagten nicht als Journalisten an, da sie weder bei der ägyptischen Journalistengenossenschaft registriert noch bei der Regierung akkreditiert waren (erschienen in Junge Welt am 31.8.2015).

Ägyptens Justiz setzt damit ihren Feldzug gegen kritische Journalisten und Unterstützer der 2013 gewaltsam entmachteten Muslimbrüder unbeirrt fort. Der in Katar ansässige Sender Al Jazeera gilt als Sprachrohr der Bruderschaft und ist der Regierung in Kairo ein Dorn im Auge.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte den Richterspruch aufs Schärfste. Dieser sei „absurd“, die Anklagepunkte „unbegründet und politisch motiviert“, heißt es in einer Stellungnahme der Organisation. Auch die US-Regierung zeigte sich entrüstet. Der Sprecher des US-Außenministeriums John Kirby forderte die ägyptische Regierung auf „alle verfügbaren Maßnahmen zu ergreifen, um das Urteil zu beseitigen.“ Die USA seien „tief enttäuscht und besorgt“, so Kirby weiter.

Fahmy, Mohamed und Greste waren im Dezember 2013 in Kairo verhaftet und im Juni 2014 zu sieben und zehn Jahren Haft verdonnert worden. Ein Berufungsgericht ordnete Anfang 2015 ein Revisionsverfahren an. Der Australier Greste wurde kurz darauf auf Grundlage eines Dekrets von Staatspräsident Abdel Fattah Al-Sisi, das die Abschiebung ausländischer Angeklagter erlaubt, abgeschoben. Fahmy und Mohamed wurden auf Kaution freigelassen und müssen nun nach der erneuten Verurteilung wieder ins Gefängnis. Fahmy, der neben seinem ägyptischen auch einen kanadischen Pass besitzt, hatte seine ägyptische Staatsbürgerschaft abgelegt und hoffte seither vergeblich darauf, dass das Dekret auch in seinem Fall angewendet wird.

© Sofian Philip Naceur 2015

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